2012-12-12

Gevaert Superchrom Express Film

Dieser bisher unbenutzte, aber mindestens 66 Jahre alte Rollfilm fiel mir auf dem letzten Kameramarkt am Stand zweier älterer Damen in die Hände, die die Fotobestände ihres verstorbenen Vaters loswerden wollten. Es handelt sich um einen 127er Rollfilm (bei Gevaert hieß das Format "G27", bei Agfa "A8"), vor dem Siegeszug der Kleinbildpatrone ein sehr erfolgreiches Format für kompakte Kameras. Für mich Gelegenheit etwas über Geschichte und Chemie der Sensibilisierung zu schreiben.
Gevaert Express Superchrom

Es handelt sich also um einen hochempfindlichen orthochromatischen Schwarz-Weiß-Film. Orthochromatisch bedeutet nach dem Wortsinn eigentlich "recht farblich" und wurde eingeführt zur Unterscheidung zu den ersten verfügbaren Filmmaterialien auf Silberbasis, die nur für kurzwelliges blaues Licht empfindlich waren (A im Diagramm).
Verschiedene Sensilibisierungen von Schwarz-
Weiß-Filmen: A) ohne, B) orthochromatisch,
C) panchromatisch. Quelle: Ullmann's Encyclopedia
of Industrial Chemistry
Orthochromatische Filme (B) sind zusätzlich noch für grünes Licht empfindlich und setzen damit die Farben einigermaßen natürlich in Graustufen um. Einigermaßen aber nur, denn der Rotanteil fehlt immer noch, der wird erst mit den panchromatischen Filmen (C) eingefangen. Fotopapiere sind oft orthochromatisch sensibilisiert, denn man kann sie im roten Dunkelkammerlicht ungefährdet verarbeiten. Nur für SW-Abzüge von Farbnegativen braucht man panchromatisches Papier.
Das Prinzip der Sensibilisierung wurde schon 1873 vom Berliner Chemiker Hermann Wilhelm Vogel gefunden, als er erkannte, dass Beimischungen bestimmter Farbstoffe die spektrale Empfindlichkeit der Silberemulsionen erweitern konnten, um so zu einer natürlicheren Grautonwiedergabe zu kommen. Ab den 1880er Jahren gab es immer besser werdende orthochromatische Fotoplatten, -papiere und schließlich auch -filme. Im Jahre 1902 erfanden die beiden Chemiker und Fotopioniere Adolf Miethe und Arthur Traube die panchromatische Sensibilisierung durch die Verwendung einer intelligenten Mischung verschiedener Farbstoffe auf der Oberfläche der Silberbromidkristalle. Es dauerte allerdings noch einige Jahrzehnte bis sich panchromatische SW-Filme als allgemeiner Standard durchsetzten. Orthochromatische Filme hat es aber immer gegeben und gibt es sogar heute noch. Gezielte Sensibilisierung von Silberhalogenid-Emulsionen ist natürlich auch Grundlage und notwendige Voraussetzung von Farbfilmen. Siehe hier... 

Bei KniPPsen gibt es inzwischen einige Kameras für den 127er Rollfilm...

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